Der Naturgarten in der Klimakrise
Die Informationen und Fakten zu diesem Beitrag stammen zum großen Teil aus dem Heft 1/21 Natur & Garten “Klimawandel, Klimakrise, Klimakatastrophe”, dessen Herausgeber der Naturgarten e.V. ist. Autorin des Heftes ist die Biologin Ulrike Aufderheide, und wie Dr. Reinhard Witt, ebenfalls Biologe und Präsident des Naturgarten e.V. im Vorwort des Heftes bemerkt, ist das Heft eine meisterhafte Zusammenschau der komplexen Fakten dieses akuten Themas. So aufbereitet, dass es auch Nicht-Wissenschaftler verstehen, und trotzdem nicht so weit vereinfacht, sodass nur an der Oberfläche gekratzt wird.
Frei nach Albert Einstein: “Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.”
Das Beste ist, ihr lest das ganze Heft im Original, dann wisst ihr wirklich Bescheid! :) Wo ihr es beziehen könnt, findet ihr unten bei den Literaturtipps.
Eins ist sicher, das haben wir in den Dürresommern der letzten Jahre miterleben können: Das Prinzip der konventionellen Gartenbewirtschaftung versagt in Zeiten der Klimakrise komplett. Wenn wir unsere Gärten nicht mit aufwendigen Bewässerungssystemen unterstützen bleibt nicht viel mehr als staubige Wüste.
Man kann sich leicht denken: es ist die naturnähere, und vor allem nachhaltigere Antwort, Pflanzen auszuwählen, die von Natur aus relativ trockenresistent sind, als sich ausgeklügelte Bewässerungssysteme für trockenheitsanfällige Arten auszudenken.
Soviel als einleitende Worte – jetzt geht es darum konkret zu werden. Was können wir in unseren Gärten tatsächlich tun, wenn es darum geht, der Entwicklung etwas entgegen zu setzen?
Der Naturgarten als Baustein in einer größeren Strategie
Wir haben in unserer heimischen Flora glücklicherweise sehr viele wärmeliebende und trockenheitsverträgliche Arten, die mit Hitzekatastrophen recht gut klarkommen. Und auch auf die süd- bzw. südosteuropäischen Wildpflanzenarten können wir zurückgreifen. Müssen wir wohl auch. Sie haben, im Gegensatz zu Arten der entfernten Kontinente, wenigstens zeitweise in der Geschichte eine gemeinsame Evolution mit unserer Tierwelt durchlaufen. Ein Punkt, der häufig nicht ganz klar, dafür aber entscheidend ist für das Funktionieren unserer Ökosysteme.Das kann ruhig als kleiner Seitenhieb auf die konventionell arbeitenden GaLa-Betriebe verstanden werden, die kaum oder jedenfalls viel zu wenig mit heimischen Arten arbeiten. Was wiederum mit dem betrieblichen Ausbildungsstand dieses Berufs zu tun haben muss. Die zukünftigen GaLa-Bauer lernen Pflastern, Treppen bauen, Mauern errichten. Botanik und ökologische Zusammenhänge verstehen, wird wohl, wenn man sich das Ergebnis der meisten Gartenplanungen anschaut, unter ferner liefen unterrichtet.
Wenn jemand trotzdem meint, er müsse jetzt auf asiatische, afrikanische oder australische Arten setzen, dann haut das meistens nicht hin. Diese Pflanzen sind häufig ein „no-go” für unsere Tierwelt. Ihre Blüten funktionieren vielleicht für Honigfresser (Australien, s. Bild unten) oder Kolibris (Amerika), wo die Evolution sich auch in Richtung blütenbestäubender Vögel entwickelt hat. Unsere Tierwelt kann in der Regel wenig mit ihnen anfangen.

Außerdem weiß man bei diesen Pflanzen nie genau was passiert, wenn sie sich in unserer Landschaft etablieren. Es gibt jede Menge Beispiele, bei denen das Experiment schlecht ausging und wir uns invasive Arten eingehandelt haben. Zurückdrehen lassen sich solche Versuche dann nicht mehr.
Zum Thema „invasive Arten” gibt es irgendwann noch einen eigenen Post. Das Thema hier zu behandeln, würde zwar passen, da die Klimaproblematik eng mit dem Problem der Neobiota, der eingewanderten Arten, verbunden ist, aber als Einschub ist das Thema an dieser Stelle auf alle Fälle zu umfangreich.
Zurück zu unseren Naturgärten. Hier werden Schönheit und Nützlichkeit kombiniert. Das ist kein Problem, im Gegenteil, es war schon immer Prinzip, schon bei den Pionieren des naturnahen Gärtnerns vor einhundert Jahren.
Halboffene Landschaften, mit einer Mischung aus Bäumen, Sträuchern, Hochstaudenfluren und kurzgeschorenen Rasenflächen empfinden viele Menschen als besonders schön. Und was als harmonisch empfunden wird, ist auch gut für unser Wohlbefinden. Diese Bilder von halboffenen Naturstandorten sind auch in den englischen Landschaftsparks über Jahrhunderte umgesetzt worden.

Auch in unseren Gärten können wir dieses Prinzip, wenn natürlich im kleineren Stil, auf möglichst naturnahe Weise umsetzen und Ökosysteme schaffen, die sich weitgehend selber regulieren. Im Naturgarten haben wir außerdem die einmalige Chance, Standorte anzulegen, die in unserer früher so abwechslungsreichen Landschaft im Sinne der Flurbereinigung ausgemerzt wurden.
Feuchte Standorte wurden entwässert, trockene bewässert, saure wurden aufgekalkt und magere gedüngt. Außer in geschützten Gebieten finden wir heute hauptsächlich unspezialisierte Allerweltsarten in unserer Landschaft.
Im Naturgarten können wir ein Gegengewicht zu dieser Entwicklung setzen. Wir können mit mageren, „schlechten" Böden arbeiten und dort eine Vielzahl von bunten Wildblumen kultivieren. Diese haben nicht nur den Vorteil, dass sie den Insekten ein perfektes Buffet bieten, sondern auch, dass sie sich, nach einem extremen Dürresommer, aus ihren Rosetten und ihrer Samenbank wieder regenerieren können. Die Evolution hat diese „Trockenpflanzen" so ausgestattet, dass sie mit solchen Extremsituationen umgehen können.

Außerdem haben wir nicht besonders viel Arbeit mit ihnen. Wenn sie einmal richtig eingewurzelt sind, nach ungefähr zwei Jahren, braucht es wenig Pflege. Den üblichen Ackerunkräutern gefällt es an solchen mageren Standorten nicht besonders, der Jäteaufwand ist also gering. Wie gesagt, nach einer gewissen Zeit der Etablierung.
Wie genau die Anlage von so einem Hotspot-Magerstandort funktioniert, habe ich im Beitrag „Einen Magerstandort anlegen", beschrieben, den ich hier verlinke.
Welche Pflanzen sind besonders klimafest?
Da müssen wir uns einfach umschauen in den wärmsten Gebieten im Lande. Also im Rhein-, Mosel- und Nahetal. Hier haben wir bereits heute ein Klima, das in Zukunft in ganz Deutschland zu erwarten ist.Wenn wir nach solchen Pflanzen für unseren Garten suchen, sollten wir so nahe wie möglich an unserem Standort nach entsprechenden Extremstandorten suchen. In Oberschwaben wären das z. B. die Trockenrasen und Felshänge auf der Schwäbischen Alb. Dann ist die Chance am höchsten, dass die ‘dazugehörigen’ Tiere schon da sind oder mit einwandern.
Und wie oben schon erwähnt: die süd- bzw. südosteuropäischen Wildpflanzen bieten ein weites Feld mit dem wir hier bei uns in Mitteleuropa recht gefahrlos experimentieren können.
Stauden und Gräser kann man unkomplizierter austesten, sie entwickeln sich ja sehr schnell, und die Reaktion ist rasch absehbar. Bei Gehölzen sollte man sich, bevor man pflanzt, genaue Gedanken machen, welche aller Wahrscheinlichkeit nach, mit Trockenheit und höheren Temperaturen am besten klarkommen.
Eine Liste von klimafesten Wildpflanzen, sowohl Stauden, als auch Sträucher und Bäume findet ihr unten an den Beitrag angehängt.
Sowohl zu Wildstauden als auch zu sogenannten „Klimabäumen” laufen zur Zeit wissenschaftliche Versuche, die natürlich nicht abgeschlossen sind. Diese Versuche orientieren sich zum Teil auch an Pflanzenarten des Eem, der letzten Warmzeit auf unserer Erde vor mehr als einhunderttausend Jahren.
Faszinierenderweise können wir versteinerte Blätter von Eiche, Schlehe, Wildapfel und Weißdorn aus dieser Zeit finden, die sich von unseren heutigen Arten nur wenig unterscheiden.
Literatur
Natur & Garten 01/21, Fachmagazin des Naturgarten e.V. Autorin: Ulrike AufderheideWitt, Reinhard und Katrin Kaltofen: Klimawandel–Fluch oder Chance, NaturGarten Verlag 2020
Steffens, Dirk & Habekuss, Fritz: ÜberLeben, Zukunftsfrage Artensterben, penguin Verlag 2020
Name | Name | Wuchshöhe | Blütenfarbe | Blühzeitpunkt |
Edle Schafgarbe | Achillea nobilis | M | weiß | H-S |
Rundköpfiger Lauch (Schnittlauch) | Allium schoenoprasum | N | violett | H-S (Geophyt) |
Felsen-Steinkraut | Allyssum saxatile | N | gelb | F |
Ochsenzunge | Anchusa officinalis | M | violett | H-SP |
Färberkamille | Anthemis tinctoria | M | gelb | H-SP |
Wundklee | Anthyllus vulneraria | N | gelb D | H |
Berg-Aster | Aster amellus | N-M | blau | S-SP |
Heil-Ziest | Betonica officinalis | M | pink | H-SP |
Ochsenauge | Buphthalmum salicifolium | M | gelb | H-S |
Rundblättriges Hasenohr | Bupleurum rotundifolium | H | grünlich | H-SP, einjährig |
Bergminze | Calamintha nepeta | M | blasslila | S-SP |
Knäuelglockenblume | Campanula glomerata | M | blauviolett | H-S |
Acker-Glockenblume | Campanula rapunculus | M | blauviolett | H-S |
Rundblättrige Glockenblume | Campanula rotundifolia | M | blauviolett | H-SP |
(Schmalblättrige) Wiesen-Flockenblume | Centaurea jacea (spec. angustifolia) | M | rosa-violett | H-SP |
Kornblume | Centaurea cyanus | M | kornblumenblau | H-S, einjährig |
Wegwarte | Cichorium intybus | M | himmelblau | H-SP |
Karthäuser-Nelke | Dianthus carthusianorum | N-M | purpur D | H-SP |
Pfingst-Nelke | Dianthus gratiopolitanus | N | rosa | H |
Stein-Nelke | Dianthus sylvestris | N-M | rosa | H-S |
Gewöhnlicher Natternkopf | Echium vulgare | M-H | blau-violett | H-S, zweijährig |
Wegerich-Natternkopf | Echium plantagoides | M | blau-violett | H-SP, einjährig |
Zypressen-Wolfsmilch | Euphorbium cyparissias | N | gelb | H-S |
Steppen-Wolfsmilch | Euphorbium seguierana | N | gelb | F |
Blaugrünes Labkraut | Galium glaucum | M | weiß | H-S |
Echtes Labkraut | Galium verum | M | gelb D | H-S |
Blutstorchschnabel | Geranium sanguineum | N | purpurrosa | H |
Sonnenröschen | Helianthemum nummularium | N | gelb | H-S |
Kleines Habichtskraut | Hieracium pilosella | N | gelb | H-SP |
Hufeisenklee | Hippocrepis comosa | N | gelb D | H-S |
Johanniskraut | Hypericum perforatum | M | gelb | H-SP |
Ysop | Hyssopus officinalis | M | blauviolett | S-SP |
Deutscher Alant | Inula germanica | M | gelb | S |
Färberwaid | Isatis tinctoria | H | gelb | H-S |
Acker-Wachtelweizen | Melampyrum arvensis | M | gelb-rot | H-SP |
Blauer Lattich | Lactuca perennis | M | blassviolett | H |
Österreichischer Lein | Linum austriacum | M | blau | H-S |
Stauden-Lein | Linum perenne | M | himmelblau | H-SP |
Dornige Hauhechel | Ononis spinosa | M | zartrosa | H-SP |
Wilder Dost | Origanum vulgare | M | violett D | H-SP |
Echter Haarstrang | Peucedanum officinalis | H | gelb | S-SP |
Frühlings-Fingerkraut | Potentilla verna | N | gelb | F |
Echte Schlüsselblume | Primula veris | N | gelb | F |
Küchenschelle | Pulsatilla vulgaris | N | violett | F giftig! |
Gelbe Resede (Gelber Wau) | Reseda lutea | M | gelb D | H-S |
Steppen-Salbei | Salvia nemorosa | M | violett | H-S |
Muskatellersalbei | Salvia sclarea | M | blassviolett D | H-S |
Wiesensalbei | Salvia pratensis | H | lila D | H-S |
Kriechendes Seifenkraut | Saponaria ocymoides | N | zartrosa | H |
Knöllchensteinbrech | Saxifraga granulata | N | weiß | H |
Graue Skabiose | Scabiosa canescens | M | hellblau | S-SP |
Scharfer Mauerpfeffer | Sedum acre | N | gelb | H-S |
Weißer Mauerpfeffer | Sedum album | N | weiß | H-S |
Dach-Hauswurz | Sempervivum tectorum | N | weiß | H-S |
Nelken-Leimkraut | Silene armeria | M | rosa | H-SP, einjährig |
Wild-Tulpe | Tulipa sylvestris | N | gelb | F Geophyt |
Name | Name | Wuchshöhe | Blüten-/Fruchtfarbe | Blühzeitpunkt |
Feld-Ahorn | Acer campestre | 5-10 m, kompakte Krone | gelbgrün/braun | F |
Kornelkirsche | Cornus mas | 5-8 m, essbare Früchte | gelb/rot | F |
Wildapfel | Malus sylvestris | 5-10 m, kleinkronig, nicht essbare Früchte | Weißrosa D/rotgelb | F |
Wildbirne | Pyrus pyraster | 5-10 m, kleinkronig, nicht essbare Früchte | weiß/gelb | F |
Mehlbeere | Sorbus aria | 5-10 m, Früchte und Herbstlaub attraktiv | weiß/rot | F |
Name | Name | Wuchshöhe | Blütenfarbe/Fruchtfarbe | Blühzeitpunkt |
Felsenbirne | Amelanchier ovalis | 2-3 m, essbare Früchte, schönes Herbstlaub | weiß D/blau | F |
Berberitze/Sauerdorn | Berberis vulgaris | 2-3 m, essbare Früchte, stark dornig | gelb/rot | H |
Behaarter Ginster | Genista pilosa | 0,4 m, Zwergstrauch für trockenheiße Lagen | gelb/braun | F |
Färber-Ginster | Genista tinctoria | 1 m, Sommerblüte! | gelb/schwarz | S |
Strauchwicke | Hippocrepis emerus | 1-2 m,gefiedertes Laub, heimisch im SW | gelb/braun | F |
Liguster | Ligustrum vulgare | 1-4 m, L. lodense = Zwerg- form, halbimmergrün, Früchte leicht giftig, trockenresistent, auch im HS |
gelbweiß/schwarz | H |
Mispel | Mespilus germanica | 2-5 m, Früchte nach Frost essbar, roh oder gekocht | weiß/orange | H |
Schlehe (Schwarzdorn) | Prunus spinosa | 3-5 m, 'Wildobst' nach Frosteinwirkung zur Zubereitung von Marmelade und Likör geeignet | weiß/tiefblau | F |
Kreuzdorn | Rhamnus cathartica | 2-3m, dornig | gelbgrün/schwarz | H |
Essig-Rose | Rosa gallica | 1 m, dornig | rosa D | H |
Wein-Rose | Rosa gallica | 1 m, dornig | rosa D | H |
Wolliger Schneeball | Viburnum lantana | 3-5 m, große Blüten- und Fruchtdolden | weiß rot/schwarz |
H |