Schmetterlingsgarten
Schmetterlinge sind die Seele des Gartens - jedenfalls wurde in der Antike der Schmetterling als Symbol für diese betrachtet.
So oder so, Schmetterlinge zaubern fast bei jedem Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Jeder hat sie gern in seinem Garten, aber tatsächlich sehen wir immer weniger von ihnen.
Sie reagieren sehr sensibel auf das Verschwinden von ursprünglicher Natur, genau gesagt, auf das Verschwinden von Landschaftsstrukturen und von heimischen Wildpflanzen.
Damit ist schon das meiste gesagt, was wir für die zarten Langrüssler, für die Motten, hübscher ausgedrückt, die Nachtfalter, für die Gespinste und Raupen tun können.
Wir müssen ihnen Plätze schaffen, an denen sie Nahrung, sprich Nektar, tanken können. Wir müssen ihnen geschützte Strukturen geben, an denen sie überwintern können, und für die Raupen müssen wir die „richtigen" Pflanzen im Garten haben, damit überhaupt ihre Metamorphose ablaufen kann und sich die nimmersatte Larve in diesen prächtigen Gaukler der Lüfte verwandeln kann.
Kaisermantel (Argynnis paphia)
Welches sind nun die richtigen Pflanzen, welche Naturelemente sind besonders existentiell für Schmetterlinge?
Wir fangen mit den Raupenfutterpflanzen an. Für die Schmetterlingsraupen sind heimische Gehölze aller Art essentiell. Die Eiche führt die Tabelle der Schmetterlingspflanzen bei floraweb.de an. 154 Schmetterlingsarten, profitieren von ihr, entweder als Raupe oder als Imago, also als fertiger Schmetterling.Weiden spielen ebenfalls eine herausragende Rolle. Die Salweide ist die erste Nektarquelle für Schmetterlinge ganz früh im Frühjahr. Zum Beispiel braucht sie der Distelfalter, damit er auf seinem Langstreckenflug von Afrika bis zum Nordkap zwischendurch Flugbenzin tanken kann. Um diese Zeit finden sich ansonsten nur wenig heimische Nektarquellen in unserer Landschaft. Der Seidelbast (Daphne mezereum) wäre da noch als heimischer Strauch zu nennen. Er blüht ebenfalls schon im März und entfaltet seinen Duft in lichten, humusreichen Buchenmischwäldern.
Mit Iris-, Scilla- oder Krokus-Zwiebeln, die man im Herbst in die Erde steckt, kann man auch helfen, die sind zwar nicht einheimisch, aber um diese Zeit, wenn es ums Überleben geht, sollte man nicht so wählerisch sein.
Die quietschgelben Blüten vom Huflattich (Tussilago farfara) an Böschungen, Dämmen, wechselfeuchten Stellen im Wald fallen auf, wenn man Ende Februar/Anfang März durch die Gegend spaziert. Sie sind ebenfalls Nahrungsquelle für Schmetterlinge und für manche Raupenarten, wie z. B. die Große Bodeneule und den Blutbär sogar essentiell. Der Huflattich ist Eiablage- und Futterplatz für die geschlüpften Raupen. Im Garten kann man ihn auch ganz leicht kultivieren.

Huflattich (Tussilago farfara)
Heimische Gehölze und heimische Wildstauden sind Lebensgrundlage
Bei den heimischen Gehölzen kann man überhaupt nicht viel falsch machen, wenn man Schmetterlinge fördern möchte. Sie sind alle mehr oder weniger geeignet als Raupenaufzuchtstation: Ein paar besonders gute Beispiele sind: der Weißdorn (Crataegus monogyna, für kleine Gärten auch gern compacta), Hasel (Corylus avellana), Heckenkirschen (Lonicera spec.), Liguster (Ligustrum vulgaris), Faulbaum (Rhamnus frangula, spez. für Zitronenfalterraupen), Schlehe (Prunus spinosa), im Prinzip alle Prunus-Arten, wie Zwetschge, Pflaume, Kirsche, alle Wildrosenarten, Lichtbaumarten wie die Birke, die Eiche, wie oben schon erwähnt, oder die Zitterpappel.Bei den Staudenarten liegt der Fokus ähnlich auf dem Wort heimisch. Heimische Wildstauden sind besonders für die Raupen Lebensgrundlage. Durch ihre, über mehrere hunderttausend Jahre währende Evolutionsgeschichte, sind sie mit den Pflanzen verbunden wie Topf und Deckel.

Die adulten Schmetterlinge, die mit ihren langen Rüsseln - sie sind die Elefanten unter den Insekten - perfekt in tiefergelegte Blüten hineinkommen, sind meist nicht ganz so wählerisch. Sie können häufig an vielen möglichen Pflanzen und Pflanzenfamilien Nektar saugen. Man nennt das auch polylektisch, wer einen Fachausdruck dazulernen möchte. Das heißt sie sind weniger spezialisiert, akzeptieren viele Sorten Blüten. Im Gegensatz dazu sind die Raupen, genau wie Wildbienen, ihre stammesgeschichtlichen Geschwister, meist oligolektisch. Sie brauchen eine ganz bestimmte Pflanzenart, bzw Pflanzenfamilie von der sie sich im Larvenstadium ernähren.
Flieder mit irreführendem Namen
Zum Thema Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) habe ich schon im Beitrag “Biodiversität fördern mit Wildpflanzen” etwas geschrieben. Er ist gleich aus drei verschiedenen Gründen nicht empfehlenswert, obwohl er zur Blütezeit tatsächlich immer reichlich von Tagfaltern besucht wird. Er bietet wenig Nektar, dafür viel Koffein, wovon die Falter zum einen süchtig werden - zum anderen verhungern sie bei der energieaufwendigen Nahrungssuche. Als Raupenfutterpflanze ist er außerdem wertlos.Mittelmeerkräuter wie Lavendel, Thymian, Wilder Oregano, Salbei, Ysop sind nicht nur bei uns beliebt, auch Schmetterlinge mögen sie ausgesprochen gern. Für die Raupen braucht es aber noch echte heimische Wildpflanzen, damit die komplette Entwicklung abgeschlossen werden kann.

Die preisgekrönte Distel
Ideal ist also, wenn wir eine gute Mischung anbieten. Zum Beispiel ist die heimische Distel im Zuge des massiven Insektenrückgangs zur Staude des Jahres 2019 gekürt worden. Es gibt ziemlich viele verschiedene Distelgattungen (Kugeldisteln, Ringdisteln, Kratzdisteln, Eselsdisteln...) und sie haben häufig wunderschöne Körbchenblüten, in allen Farben zwischen purpur, blau und violett. Michael Altmoos, dessen preisgekröntes Buch „Besonders: Schmetterlinge" in diesem Jahr herausgekommen ist, bezeichnet sie als “Königsschlösser” der Insekten. Wir können beim Unkraut Jäten also auch mal ein Auge zudrücken.
Brennnesseln sind beliebt bei Fräulein Nimmersatt
Brennnesseln (Urtica dioica), das hat sich inzwischen herumgesprochen, sind äußerst wertvolle Raupenfutterpflanzen. Vier Arten - Landkärtchen, Admiral, Tagpfauenauge und Kleiner Fuchs - sind auf sie angewiesen. Wobei es wieder einmal nicht so einfach ist in der Natur, alles ist ziemlich ausgetüftelt, und jeder hat, im Lauf der Evolution, seine Nische gefunden. Der Kleine Fuchs frisst die Nesseln auf den trocken-heißen Plätzen, das Landkärtchen ist auf die frischfeuchten Standorte abonniert und der Admiral sucht einzeln stehende Brennnesselpflanzen auf.Für weitere über 30 Raupenarten sind die Brennnesseln zwar auch sehr lecker, aber für sie stehen noch andere Pflanzen zur Wahl.

Es ist also empfehlenswert ein paar Brennnesseln hier und da zu verschonen. Zum Beispiel und nebenbei gesagt, um sie in der Küche als Superfood zu verarbeiten.
Die Brennnessel ist, als Stickstoffzeiger, in unserer überdüngten Landschaft jedoch bestimmt keine Mangelware. Mangelware sind magere Standorte, und dort leben auch die Spezialisten unter unseren Faltern, auch die weniger auffälligen und beachteten Nachtfalter.
Nachtfalter und Nachtkerze

Die Nachtkerze (Oenothera biennis). Sie ist erst seit 1620 bei uns in Mitteleuropa beheimatet, aber sehr beliebt, v.a. bei den Nachtfaltern. Ob sie wohl deshalb Nachtkerze heißt?! Schon möglich, aber sicher bin ich mir da nicht. Ihre Blüten öffnen sich in der Abenddämmerung und sind am nächsten Mittag schon wieder verblüht. In der Zwischenzeit werden Nachtfalter oder auch Tagaktive wie das Taubenschwänzchen von ihrem Duft angelockt. Man kann sie manchmal sehen, wie sie im Schwirrflug vor der Blüte stehen, mit ihrem langen Rüssel den Nektar aus der Blüte saugen und bei dieser Gelegenheit Pollen auf dem Griffel ablegen und die Pflanze damit bestäuben.
Lichtverschmutzung - ein Problem für nachtaktive Insekten
Zum Stichwort Nachtfalter und Bestäubung: Bei einem Versuch, der in der Schweiz durchgeführt wurde, kam heraus, dass Pflanzen um 60 % weniger blühen, wenn die Nachtfalter fehlen, durch zu viel Lichtverschmutzung. Deshalb noch ein Wort zur Lichtverschmutzung. Vor allem ist diese natürlich ein Thema in den Städten. Milliarden Insekten verenden an Licht. Nachtaktive Insekten orientieren sich normalerweise am Mondlicht. Durch künstliche Lichtquellen werden sie orientierungslos und umschwirren diese, bis sie entkräftet sterben.Deshalb, Licht immer reduzieren, wo es geht. Und das geht besser, seit fast jeder ein Handy mit Taschenlampenfunktion mit sich herumträgt. Besonders problematisch ist übrigens kurzwelliges Licht mit hohem Blauanteil, langwelliges (rot und orange) stört weniger. Und vor allem sollte das Licht gezielt und nach unten gerichtet eingesetzt werden - also nicht großräumig den ganzen Garten ausleuchten.
Außerdem, abgesehen von den Insekten haben natürlich auch wir etwas von der nächtlichen Dunkelheit. Das Funkeln der Sterne werden wir ansonsten kaum wahrnehmen.
Wie überwintern eigentlich Schmetterlinge?
Schmetterlinge haben ganz unterschiedliche Strategien entwickelt, die ungemütliche Jahreszeit zu überstehen.Wanderfalter
Einige sind Wanderfalter, wie zum Beispiel der Distelfalter, der unseren Winter in Nordafrika totschlägt, neuerdings, im Zeichen der Klimaerwärmung, reist er auch nur in die Mittelmeerländer. Genauso der Admiral und auch das Taubenschwänzchen, sie fliegen im Winter nicht mehr wie früher über die Alpen, ihnen ist mittlerweile warm genug in unseren Breiten.
Als Imagines
Dann gibt es Schmetterlinge wie den Zitronenfalter, das Tagpfauenauge, den Kleinen und den Großen Fuchs, die als adulte Falter überwintern. Sie hängen sich einfach, etwas geschützt und als abgestorbenes Blatt getarnt, in die Bäume und können dort ohne Probleme auch extreme Temperaturen überdauern. Man kann sogar sagen, je kälter, umso besser für die Zitronenfalter. Wenn es ihnen zu warm wird, erwachen sie aus der Winterstarre und verhungern unter Umständen, wenn keine Winterblühpflanzen in der Nähe zu finden sind.
Das ist auch der Grund, wieso man Schmetterlinge wie zum Beispiel das Tagpfauenauge, das man im Winter ab und zu in Haus oder Garage findet, nicht in beheizte Räume mitnehmen soll. Sie würden dort ziemlich schnell verhungern. Am besten man legt sie in eine kleine Pappschachtel mit einem Schlitz zum Ausfliegen im Frühjahr, und stellt diese in einen kühlen Raum, z. B. ins Gartenhaus oder die Garage.
Als Puppe
Und dann gibt es natürlich die als Puppe überwinternden Falter. Dazu suchen sie sich Mauerritzen oder heften ihren Kokon an Sträucher. Man merkt schon, wieso ein Winterschnitt der Hecken keine gute Idee ist für Schmetterlinge.Zu dieser Sorte gehört bspw. der Aurorafalter oder der Kohlweißling. Das Puppenstadium bietet sich an, es wird keine Energie verbraucht, und wenn die Temperaturen angenehm sind, und vor allem die richtigen Pflanzen blühen, dann wird der innere Timer der die Metamorphose zum Abschluss bringt, ausgelöst, und der Schmetterling fliegt aus.

Als Raupe oder Ei
Die letzte Möglichkeit wäre dann noch als Ei zu überwintern. Dies wird im Herbst an Steinen oder Wurzeln am Boden abgelegt, sodass im Frühjahr, sobald die ersten frischen, zarten Triebe erscheinen, es nicht weit ist bis zum Buffet. Oder es werden gleich immergrüne Arten als Eiablageplatz gewählt, wie z. B. der Horn- oder der Wundklee. Zum Teil schlüpfen die Raupen auch schon im Herbst aus der Eihülle und spinnen sich dann für die Überwinterung einfach ein.Auf diese Weise werden sie auch nicht so einfach der Schnecken fette Beute, für die Insekteneier eine Delikatesse sind.

Aber egal in welcher Form die Falter in unserem Garten überwintern, wichtig ist immer, es mit der Ordnung nicht zu übertreiben. Je mehr Laub, Pflanzenstängel, Totholz, Reisighaufen, Fassadenbegrünung und kleine Nischen existieren, umso mehr Versteck- und Überwinterungsmöglichkeiten werden sie finden.
Wie kommunizieren die Falter miteinander?
Schmetterlinge unterhalten sich faszinierenderweise über Gerüche, über Düfte, hat man herausgefunden.Sie sind Molekülzauberer, wie Michael Altmoos sie nennt. Ein männliches Nachtpfauenauge kann ein unbegattetes Weibchen auf eine Distanz von zehn Kilometern riechen. Düfte, die kaum messbar sind und für uns Menschen nicht wahrnehmbar. Eine erstaunliche Geschichte, an der man vielleicht als Schmetterlingsflüsterer teilhaben kann.
Kann man tatsächlich Schmetterlinge pflanzen?
Können wir uns also Schmetterlinge in den Garten holen, indem wir bestimmte Wildpflanzen kultivieren, nach der Wenn-Dann-Konsequenz?Vielleicht wird das passieren, was wir erwarten und worauf wir gesetzt haben, aber noch wahrscheinlicher wird etwas ganz anderes passieren, irgendetwas womit wir nicht gerechnet haben. Wir können Wahrscheinlichkeiten erhöhen. Die Chance verbessern, dass der Schwalbenschwanz bei uns einzieht, eine Garantie schenkt uns die Natur nicht.
Dafür können wir die Wechselwirkungen des Lebens in allen Variationen beobachten und - unverhofft bekommt man, wie man weiß, immer die großartigsten Geschenke.

Literatur
Michael Altmoos, Besonders: Schmetterlinge, pala-Verlag, 2021www.floraweb.de Liste der Schmetterlingspflanzen
Raupen- und Falterbestimmungsforen
www.lepiforum.dewww.pyrgus.de
www.schmetterlingeinwildauundberlin.de
www.naturspaziergang.de/Tagfalter-2.htm