Unser Boden
Die Lebendigkeit des Bodens ist Voraussetzung für unser Überleben. Wenn wir die Böden ausbeuten und das Bodenleben schwächen oder abtöten, funktionieren die Nährstoffkreisläufe nicht mehr, und es ist nichts mehr vorhanden, worauf wir, im wahrsten Sinn des Wortes bauen können.
Dies vorab, damit verständlich wird, wie entscheidend es ist, dass unsere Böden wirklich lebendig sind.
Je vielseitiger das Bodenleben - nebenbei: in einer Handvoll Erde existieren mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde - desto wertvoller die Früchte, die wir von unseren Pflanzflächen ernten, desto besser für unser Immunsystem, für unsere Gesundheit insgesamt.
Konventionelles Gemüse aus dem Supermarkt stammt meist von ausgelaugten Böden, die arm sind an Spurenelementen. Folglich sind diese auch nur spärlich in den Pflanzen vertreten, die wir essen. Außerdem geht auf den Transportwegen viel an wertvollen Inhaltsstoffen verloren. Um diese Defizite auszugleichen, schlucken wir letztendlich alle möglichen Nahrungsergänzungsmittel.
Es spricht also vieles dafür, uns wenigstens zum Teil mit gesundem Gemüse und Kräutern aus dem eigenen Garten oder Balkon zu versorgen.
Ja, genau, auch kleinste Flächen wie ein Balkon können schon extrem effizient sein, was die Selbstversorgung angeht; dazu muss man nur einmal auf Katharina Heubergers Online-magazin wildermeter.de gehen, dann wird einem das schnell klar.
Abgesehen davon kann eine Teil-Selbstversorgung aus dem Garten auch unser persönlicher Beitrag sein zur Klimaverbesserung. Und zur Verbesserung unserer Laune :D
Eine Zahl dazu: 12 Mio. ha Bodenfläche außerhalb Europas wird dafür verwendet, uns mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Dem muss man, glaube ich, nichts hinzufügen.
Was bedeutet eigentlich „lebendiger Boden”?
Wenn wir uns einen Sack „Pflanzerde” im Gartenmarkt besorgen, ist dies nahezu tote Erde; die Erde wurde meist stark erhitzt, sodass Mikroorganismen zum größten Teil abgetötet wurden, größere Tiere wie Regenwürmer, Asseln, Springschwänze fehlen sowieso.
Allerdings ist das kein riesiges Problem. Man kann diese Erde, dieses Pflanzsubstrat, relativ schnell verlebendigen. Genauso den Grünkompost, den man sich von der Kompostierungsanlage der Stadt gedämpft und daher praktischerweise unkrautfrei besorgt hat. Man mischt unter diese Erde z. B. einen Kübel von einer anderen Stelle im Garten, die einem schön lebendig vorkommt, oder man macht einen Waldspaziergang und holt sich dort intaktes Bodenleben-Material mit Laub und Holzstückchen durchsetzt, zum ‘animpfen’. Auch effektiv - Maulwurfserde unter die gekaufte Erde mischen.
Wir lassen unsere Böden aus Ordnungsliebe verhungern
Das “Füttern” des Bodens mit organischem Material ist entscheidend. Wenn wir unseren Gartenboden so ordentlich aufräumen wie unseren Wohnzimmerboden, also alles organische Material wegnehmen, sodass er als blanke Erde daliegt, lassen wir ihn verhungern.Eine Laub- und Mulchschicht mit verrottendem Material sorgt dafür, dass die großen Lebewesen im Boden wie die Regenwürmer und die Asseln die notwendige Nahrung bekommen, die sie für die Humusbildung benötigen. Wir müssen also nur schauen, dass genügend Futter zur Verfügung steht, den Rest der Arbeit, die Verlebendigung des Bodens, macht die Mannschaft komplett gratis. Das ist schon perfekter Service, nicht wahr.
Was bei den Regenwürmern hinten rauskommt, ist ein Material, das man sich fruchtbarer gar nicht ausdenken könnte - konzentrierte Ton-/Humus-Komplexe, die alles enthalten, was eine Pflanze braucht - Stickstoff, Phosphor, Kalium.
Schon Charles Darwin war davon so beeindruckt, dass er gesagt hat: „Nicht der Herrgott hat die Welt erschaffen, sondern der Regenwurm”.

Regenwurm (Lumbricus terrestris)
Und etwas sehr Entscheidendes darf man dabei auch nicht übersehen. Bei der Humusbildung wird CO2 gebunden. Wenn wir jedes Jahr den Humusgehalt unserer Böden um 1-2 % steigern würden, könnten wir die Klimaziele erreichen. In der konventionellen Landwirtschaft geht es, muss man hier leider anführen, in die entgegengesetzte Richtung.
Also - Erde nie blank herumliegen lassen: v. a. nicht im Gemüsebeet – in den anderen Beet- und Staudenanlagen sorgt die Natur meistens selber schnell dafür, dass die Erde bedeckt ist.
Varianten an Mulchmaterial zum Abdecken der Erde
zwischen den Reihen auf kurzem Weg mit abgestorbenem Staudenmaterial, gejätetem Unkraut, flächenkompostieren; man spart sich den Weg zum Komposthaufen und zurück- Laub
- Rasenschnitt
- Biofaser aus dem Gartenmarkt
- klein geschnittene Gemüseabfälle direkt in den Blumenkübel oder ins Beet - wem die Methode nicht zu unästhetisch ist
- Schafwolle (offen, oder als Pellets), speichert Wasser sehr gut, sorgt außerdem für einen ständigen, langsamen Eintrag von Stickstoff, also für Starkzehrer unter den Gemüsen ideal.
Wenn man dann noch Urgesteinsmehl darüberstreut, was der Regenwurm auch ausgesprochen liebt, weil es nämlich seinen Darm durchputzt, hat man gute Voraussetzungen für ein gesundes Pflanzenleben. Das grüne Material als Stickstofflieferant, in Kombination mit Holzhackschnitzeln, aus denen die Pflanze den Kohlenstoff bezieht, ergibt die perfekte Mulchschicht-Kombination.
Ohne ‘Mulchen’ hat man keinen Humusaufbau, egal ob im großen Maßstab im Ackerbau oder im kleinen Blumenkübel auf dem Balkon.
Man kann sich einfach den Satz merken, der einem im Biolandbau immer wieder begegnet: „Der konventionelle Gärtner füttert die Pflanze, der Naturgärtner füttert den Boden, der er bewirtschaftet."
Über die Mykorrhiza, das WLan des Bodens, ist alles miteinander vernetzt. Einfach ausgedrückt ist es so, dass die Mikroorganismen, die an der Pflanzenwurzel sitzen, die Bodenmineralien für die Pflanzen aufnahmefähig vorbereiten, im Gegenzug bekommen sie Zucker für ihr Wachstum und ihr Überleben.
Noch etwas Allgemeines zur organischen Düngung
Ideal ist es tatsächlich, wenn man die Düngung, die man für seine Selbstversorger-Beete und Fruchtgehölze benötigt, zum guten Teil über den eigenen Kompostkreislauf, sei es über Flächenkompostierung, Kompostmiete oder Wurmkiste hinbekommt. Organische Düngung, die man in Form von beispielsweise Hornmehl/-spänen zukauft, kommt i.d.R. aus Massentierhaltung, die mit Medikamenten und anderen Stoffen, die man nicht unbedingt in seinem Gemüse haben möchte, arbeitet. Außerdem kommen Hornspäne großteils vom anderen Ende der Welt, aus Argentinien, wo Rinderzucht in ganz großem Stil betrieben wird. Das Rohmaterial wird dann nach Indien verschifft und dort weiterverarbeitet. Bevor wir also die Hornspäne an unseren Apfelbaum oder unsere Gemüsebeete geben, haben sie eine halbe Weltreise hinter sich gebracht.Eine gute Alternative um den Starkzehrern Stickstoff zuzuführen sind die oben schon erwähnten Schafwollpellets. Mit ihrem Kauf unterstützt man gleichzeitig, dass europäische Schäfer wieder einen reellen Preis für ihre Wolle erhalten, mit dem sie überleben können. Die Schäfer sind unverzichtbar bei der Offenhaltung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten. Man leistet also aktiven Naturschutz, wenn man sie und ihre Produkte wertschätzt.
Torfhaltige Anzuchterde - geht überhaupt nicht!
Es dürfte bekannt sein, dass unsere Moore, oder das, was von ihnen übrig ist, nicht mithalten können mit der Geschwindigkeit ihres Abbaus. Durch den Torfabbau wird nicht nur die Biodiversität einzigartiger Lebensräume bedroht, sondern er ist auch extrem klimaschädlich, da beim Abbau, gebundenes, also fossiliertes CO2 freigesetzt wird. Die freigesetzte Menge ist enorm, was daran liegt, dass der Torfboden der Moore weitgehend aus CO2 besteht.Ein riesiges Problem dabei ist, dass selbst im biologischen Anbau die Verwendung von Torf nicht verboten ist. Was uns Verbraucher ja immer reizt, ist der Preis. Leider ist der Sack Erde MIT Torf im Gartencenter immer noch die günstigere Variante. Es gibt allerdings keinen erkennbaren und bestimmt keinen zwingenden Grund, auch nicht für Gärtnereien oder Baumschulen, mit Torf zu arbeiten. Bis auf wenige spezielle Niedermoorpflanzen, die kultiviert werden, sind torfhaltige Erden weder sinnvoll noch nachhaltig. Aus der Nähe betrachtet ist die Torfvariante sogar die weniger ökonomische, weil sie innerhalb kurzer Zeit durch Abbau des organischen Materials zusammenschrumpft. Dagegen bilden Erden mit mineralischem Anteil - die schwereren Säcke! - eine Dauerhumusschicht.
Beim Kauf also unbedingt darauf achten, dass „torffrei” auf dem Sack steht und auch nicht irgendetwas Relativierendes wie „torfreduziert.”
Moorlandschaft Lappland
Vorbereitung von Aussaat- und Pflanzerde
Vor allem in Regionen mit stark lehmhaltigen Böden ist es entscheidend, mineralisches Material einzuarbeiten. Dadurch, und nicht durch Zugabe von ‘flüchtigem’ Torf, entsteht mehr Durchlässigkeit; Staunässe wird so verhindert und der Boden erwärmt sich insgesamt schneller, was sich alles günstig auf die Wurzelbildung und das Wachstum der Pflanzen auswirkt.Ein erprobtes Aussaatsubstrat bzw. Pflanzerde für Blumenkübel (von Pflanzen der Extremstandorte einmal abgesehen) ist eine 1 : 1 : 1 Mischung von Sand bzw. gebrochenem Blähton und Lehm und unkrautfreiem Kompost.
Effektive Mikroorganismen (EM) im Garten
EM sind einfach in der Anwendung im Garten. Man besorgt sich einen Flüssigdünger mit effektiven Mikroorganismen, den man dann, nach Packungsanweisung verdünnt und damit die Pflanzen begießt.Die Mikrobiologie des Bodens wird dadurch auf eine einfache und effektive Art gefördert. Ein Wundermittel sind sie nicht, wichtiger ist bestimmt die ständige Versorgung des Bodens mit organischem Material. Zusätzlich angewendet haben die EM aber sicher einen stärkenden Effekt. Sie können außerdem dazu beitragen, dass unterirdisch nichts anfängt zu faulen, wenn z.B. eine größere Menge noch nicht ganz umgesetzter Kompost mit ins Pflanzloch gegeben wird.
Komposttee
Ähnlich ist es mit dem Komposttee. Auch mit ihm kann man, bis kurz vor der Ernte das Bodenleben anregen. Man kann sich den Komposttee auch selber herstellen: Dazu gibt man ca. einen Liter reifen Kompost oder, wenn man eine Wurmkiste hat, Wurmkompost in einen Kübel mit 10 l Wasser (idealerweise zimmerwarmes Regenwasser), verrührt das Ganze gut und lässt es zwei bis drei Stunden ziehen. Man kann den Kompost auch in ein Leinensäckchen packen, dann aber 24 Stunden ziehen lassen und ab und zu im Vorbeilaufen umrühren. Die Mischung vor dem Vergießen noch einmal verrühren.Man kann den Komposttee auch über einen Zerstäuber, bei bedecktem Himmel, auf die Blätter spritzen. Vorbeugend als Immunstärker - die Pflanze kann Bodennährstoffe dadurch besser aufschließen - oder bei Befall mit ungeliebten Tieren oder Pilzen. Den Ansatz zum Zerstäuben nochmal auf 1:4 verdünnen. Eine Anwendung pro Woche ist eine gute Frequenz bei Komposttee. Die Methode ist so sanft, dass es nie in ein ‘Zuviel’ umschlagen kann.
Pflanzenjauchen zur Düngung und Stärkung
Besonders für gierige Tomaten oder Kohlpflanzen, die viel Nährstoffe brauchen, ist eine Jauchedüngung im späteren Sommer ideal. Die Nährstoffe sind sofort verfügbar und können nochmal einen Wachstumsschub geben. Die zweite Anwendungsmöglichkeit von Pflanzenjauchen ist, die Blätter zu besprühen. Präventiv, oder auch bei akutem Befall von Schädlingen. Brennnesseljauche wird z.B. gegen Blattläuse, Spinnmilben und verschiedene Pilzkrankheiten eingesetzt.Geeignete Kräuter zum Ansetzen einer Jauche sind z. B. Beinwell, Rainfarn, Ackerschachtelhalm, Brennnesseln, und das sind längst nicht alle.
Das Grundrezept geht so: Man gibt 1 kg frisches, grob zerkleinertes oder 100-200 g getrocknetes Pflanzenmaterial auf 10 l Wasser. Das Gefäß sollte möglichst aus Ton, Holz oder Kunststoff sein, eher nicht aus Metall, da Metall mit der scharfen Jauche reagiert. Das Gefäß nur zu ¾ füllen - beim Gärungsprozess fängt es an zu schäumen und würde sonst überlaufen.
Das Ganze luftdurchlässig, z. B. mit einem Gitter, abdecken, damit keine Tiere hineinfallen können. Täglich öfter umrühren, damit genügend Sauerstoff für den Umsetzungsprozess zur Verfügung steht. Etwas Urgesteinsmehl einrühren hilft gegen den doch schon ziemlich intensiven Geruch. Und am besten eine möglichst abgelegene Stelle im Garten für die Aktion aussuchen.
Nach ca. 14 Tagen ist die Jauche fertig, bei kälterem Wetter dauert es auch mal etwas länger. Man kann sehen, dass der Prozess abgeschlossen ist, wenn sich kein Schaum mehr bildet und die Brühe schön dunkel ist.
So eine Jauche ist sehr stark, man muss also aufpassen beim Ausbringen. Sie muss verdünnt werden auf 1:5; fürs Besprühen der Blätter eher noch etwas mehr Wasser dazugeben, damit es nicht zu ‘Verbrennungsschäden’ kommt. Und nur an trüben Tagen, am besten gegen Abend vergießen bzw. versprühen.
Terra Preta
Jetzt könnte hier noch das Rezept stehen, wie man Terra Preta, die schwarze Supererde herstellt. Das würde hierher passen, aber über diese Wunderdroge für Pflanzen schreibe ich lieber einen eigenen Beitrag, sie ist es auf alle Fälle wert.Literatur
Ertl-Marko, Angelika, Das große Boden-ABC: Praxisratgeber für Humusaufbau und Pflanzenglück. Die Revolution im Biogarten, Oliva-Verlag, 2019Heistinger, Andrea, Wühl dich glücklich. Schaff dir einen Biogarten zum Ernten, Freuen und Teilen. Löwenzahn-Verlag, 2019
Windsperger, Ulrike, Permakultur auf dem Balkon: Reiche Ernte auf kleinen Flächen – Bio-Gärtnern für zuhause. Sofort Loslegen: Der Guide für Einsteiger, YUNA-Verlag, 2021